Altes & Neues aus dem Heimat- und Geschichtsverein Beckum e.V.

In unregelmäßigen Abständen wird auf dieser Seite Altes & Neues aus dem Heimat- und Geschichtsverein Beckum e.V. veröffentlicht.

Es werden u.a.

  • Veranstaltungen angekündigt
  • Buchneuerscheinungen vorgestellt
  • Projekte beschrieben und Erinnerungen belebt

Selbstverständlich können Sie uns gern Anregungen und Hinweise geben, Ihre Meinung mitteilen, Fragen stellen oder auch Ihre eigenen Geschichten schreiben.

Nachstehend die bisherigen Newsletter:

2024_04_21 - Newsletter 9

Altes & Neues

Liebe Heimat- und Geschichtsfreunde,

nachstehend senden wir Ihnen einen von Maria Sudbrock verfassten Beitrag zum Stadtjubiläum !

Mit freundlichen Grüßen,

Der Vorstand

 

800 Jahre Stadt Beckum -  „Stadtluft macht frei“

Die Stadt Beckum feiert in diesem Jahr ihr 800-jähriges Bestehen. Ob aber 1224 tatsächlich das Jahr der Stadtgründung war, ist nicht eindeutig geklärt, zumindest hat man bisher noch keine entsprechende Urkunde gefunden. In einem Dekret des Jahres 1224, ausgestellt von Dietrich III., der von 1218 bis 1226 Bischof in Münster war, wird Beckum oder Bekehem, wie es damals hieß, unter den befestigten Orten des Münsterlandes aufgeführt. Der Bischof hatte den Städten seines Bistums, darunter auch Münster, Warendorf, Ahlen und Beckum verboten, Hörige des Klosters Marienfeld aufzunehmen.

Im Mittelalter wollten viele Leibeigene, die auf den Höfen von Grundherren, in diesem Fall auf den Höfen des Klosters Marienfeld lebten, in eine Stadt ziehen, um dort ein freies Leben zu führen. Wenn es ihnen gelang, ein Jahr lang in der Stadt zu leben und der Grundherr sie nicht zurückforderte, dann galten sie als frei. Sie konnten zu Stadtbürgern werden und erhielten entsprechende Bürgerrechte. „Stadtluft macht frei“, dieser Satz lockte so manchen Unfreien vom Land in die Stadt. Da Bischof Dietrich Beckum im Jahre 1224 zu den befestigten Städten zählte, kann man wohl davon ausgehen, dass Beckum zu dieser Zeit schon die Stadtrechte besaß.

Das Kloster Marienfeld war 1185 gegründet worden und besaß in dieser Zeit schon eine Vielzahl an Bauernhöfen, die zu bewirtschaften waren. Der Bischof hatte ein besonderes Interesse am Kloster Marienfeld, hatte er doch selbst die Kirche des Klosters im Jahre 1222 eingeweiht. Als Landesherr hatte er Sorge, dass zu viele Eigenhörige das Kloster verließen und dass sie dann als Arbeitskräfte fehlten. So ist es zu erklären, dass er 1224 ein Dekret erließ, dass den umliegenden Städten verbot, diese Menschen in ihren befestigten Städten aufzunehmen. Die Urkunde mit dem Erlass befindet sich heute im Landesarchiv Münster.

In den letzten Jahrzehnten, besonders nach dem 2. Weltkrieg, kamen immer wieder Menschen aus aller Welt nach Beckum. Als Vertriebene oder Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg, als Gastarbeiter und seit einigen Jahren als Kriegsflüchtlinge suchten sie Arbeit und Schutz und haben hier letztlich eine neue Heimat gefunden. Im Jahre 2024 können wir nun gemeinsam das 800-jährige Stadtjubiläum von Beckum feiern.

06.06.2023 - Newsletter 8

Altes & Neues

Liebe Heimat- und Geschichtsfreunde,

wie bereits am 23. Mai bekanntgemacht, werden am morgigen Mittwoch, dem 7. Juni, ab 11.30 Uhr 20 neue Stolpersteine in der Beckumer Innenstadt verlegt. Sie werden zusammen mit den 2008 verlegten 31 Stolpersteinen an insgesamt 49 aus Beckum stammende jüdische Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

Durch intensive Recherchen konnten in den letzten zwei Jahren auf Basis der Forschungen von Hugo Krick und im Kreisarchiv lagernden Aktenbestände, aber besonders auch aufgrund aktuellster digitaler Datenbanken etliche weitere Schicksale genauer aufgeklärt werden. Mit diesem grundlegenden Ergebnis haben sich die Stadt Beckum und der Heimat- und Geschichtsverein Beckum entschlossen, weitere Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig vor 10 ehemals von den jüdischen Opfern bewohnten Häusern zu verlegen.

Hiermit soll tagtäglich erkennbar bleiben, dass die Demütigung, Verfolgung, Vertreibung und Ermordung jüdischer Mitmenschen auch vor Ort in Beckum stattgefunden hat. Durch den eingestanzten Namen sowie die Lebensdaten und Deportationsorte sollen die Opfer wieder ein Stück in unser gegenwärtiges Leben zurückgeholt werden und dadurch nicht in Vergessenheit geraten: Denn wer die Vergangenheit vergisst, der wird blind für die Gefahren der Gegenwart.

Jeder Stein erinnert an das Leben und das Schicksal eines einzelnen Menschen: vor Häusern, in denen sie Angst hatten und verzweifelt waren, aus denen viele von ihnen abtransportiert wurden in Sammel- und Konzentrationslagern und letztlich in den Tod. Was damals Schreckliches unter deutscher Herrschaft und auch in Beckum geschah, bleibt für immer unfassbar. Die Erinnerung an ehemalige Mitbürgerinnen und Mitbürger – die heute noch unsere Nachbarn sein könnten – sowie an die menschenverachtenden Geschehnisse in der düstersten Periode deutscher Geschichte ist daher eine zentrale Verpflichtung für uns alle und jede nachfolgende Generation !

Deshalb möchte ich Sie bitten – soweit es Ihnen möglich ist – morgen die persönlich von Gunter Demnig durchgeführte Verlegung der neuen Stolpersteine zu begleiten und damit den Opfern zu gedenken. Die ersten drei Steine werden ab 11.30 Uhr vor dem Haus Weststraße 19 eingelassen. Danach geht es weiter über die Nordstraße, zur Alleestraße, zur Vorhelmer Straße, zur Neubeckumer Straße, zur Oststraße, zur Clemens-August-Straße und schließlich zum Lippweg.

An folgende jüdische Opfer erinnern die neuen Stolpersteine:

Hans Andriessen, Neubeckumer Straße 15,

Hilde Andriessen, Neubeckumer Straße 15,

Julius Andriessen, Neubeckumer Straße 15,

Fritz Salomon Arnstein, Nordstraße 52,

Bernhard Baer, Lippweg 7,

Johanna Baer, Lippweg 23,

Sophie Baer, Clemens-August-Straße 5,

Auguste Chery, Nordstraße 19,

Margarete Chery, Nordstraße 19,

Viktor Chery, Nordstraße 19,

Richard Helmut Deutschkron-Schild, Oststraße 35,

Klara Heine, Nordstraße 24,

Paula Heine, Nordstraße 24,

Leopold Ludwig Horn, Vorhelmer Straße 13,

Max Ostermann, Alleestraße 7,

Ursula Reingenheim-Arnstein, Nordstraße 52,

Albert Stein, Oststraße 12,

Herta Klara Windmüller, Weststraße 19,

Kurt Windmüller, Weststraße 19,

Salomon Windmüller, Weststraße 19.

Ein hoffnungsvolles Zeichen ist, dass innerhalb von 4 Stunden nach der Bekanntmachung sich für alle neuen Stolpersteine Patinnen und Paten gefunden haben, die die Finanzierung vollständig übernommen haben !

Freundliche Grüße,

Ihr

Stefan Wittenbrink

Heimat- und Geschichtsverein Beckum e.V.

www.heimatverein-beckum.de

13.02.2023- Newsletter 7

Altes & Neues

Liebe Heimat- und Geschichtsfreunde,

nachstehend senden wir Ihnen einen von Maria und Reinhold Sudbrock verfassten Beitrag über eine Begebenheit am Valentinstag 1511 !

Mit freundlichen Grüßen,

Der Vorstand

 

Ein Geschenk zum Valentinstag

„Ich möchte sie heiraten“, diesen Gedanken hatte der junge Hermann Wyllebrande aus Beckum-Geißler schon seit Längerem. Er hatte im Jahre 1510 in Everswinkel auf der Vitus-Kirmes ein junges Mädchen namens Grete kennengelernt, das ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Er wollte Grete Deckenbrock bitten, seine Frau zu werden. Aber das war zu der Zeit nicht so einfach. Grete lebte als Eigenhörige bei der adeligen Familie von Langen in Everswinkel und Hermann gehörte leibeigen zum Damenkloster Freckenhorst.

Die Heirat zweier Menschen aus unterschiedlichen Besitzverhältnissen war aber zu dieser Zeit nicht so einfach möglich, schließlich wollten die Besitzer keine Arbeitskraft verlieren. Wenn ein Eigenhöriger seinen Besitzer wechseln wollte, geschah dieses üblicherweise durch einen Tausch gegen eine gleichwertige Arbeitskraft. Bei einer Heirat war dieses nicht möglich und so musste Grete freigekauft werden. Genau das geschah am 14. Februar 1511, am Valentinstag.

Wann die Hochzeit stattfand, ist nicht bekannt, denn Kirchenbücher gab es damals noch nicht und wir wissen auch nicht, was Hermann für Grete bezahlt hat. Vermutlich hat Grete dann als Ehefrau von Hermann auf dem Hof Wyllebrande in Beckum-Geißler gelebt. Erhalten geblieben ist jedoch eine Urkunde im Landesarchiv Münster, in der Henrich von Langen mit Brief und Siegel für sich und seinen Sohn, Erben und Anerben bescheinigt, dass sie:

„Herman Wyllebrande, Johan Wyllebrandes und seiner echten Hausfrauen Sohn, geboren im Kirchspiel Beckum und Bauerschaft Geistel, eine uns zugehörige Magd namens Grete, geboren im Kirchspiel zu Everswynckel von Wyllicken Deckenbrock und Styne Scoppemans für eine Summe Geldes, die wir, Hinrick van Langhen und Herman van Langhen von dem vorg. Herman walbetalt erhalten haben…. und  wir, Henrik und Herman van Langhen haben unser Siegel willentlich an diesen Brief gehängt im Jahre der Geburt Christi, geschrieben fünfzehnhundert und elf, an dem Tage Valentin.“

Die Leibeigenschaft hatte Anfang des 19. Jahrhunderts ein Ende. Am 12. Dezember 1809 verkündete Napoleon in Madrid die Aufhebung der Leibeigenschaft und aller der damit verbundenen Zwangsarbeiten im Großherzogtum Berg und im Königreich Westfalen. Damit waren die Bauern freie Leute.

14.12.2022 - Newletter 6

Altes & Neues

Liebe Heimat- und Geschichtsfreunde,

 nach zweijähriger Forschungsarbeit wurden am 15.11.2022 im Stadttheater Filou die Ergebnisse des Projektes der Geschichtswerkstatt des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum „NS-Zeit in Beckum“ präsentiert. In vier Kurzvorträgen wurden die Themen Judenverfolgung, die Verfolgung von SPD und KPV, Zwangsarbeit sowie die Unterrichtseinheiten für Schulen bezogen auf die Stadt Beckum vorgestellt.

 Das gesamte Projekt kann auf der Webseite www.geschichtswerkstatt-beckum.de eingesehen werden.

 Nachstehend finden Sie den von Reinhold Sudbrock gehaltenen Kurzvortrag.

Mit freundlichen Grüßen,

Der Vorstand

des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum e.V.

 

 Reinhold Sudbrock

Zwangsarbeit in Beckum in der Zeit von 1939 bis 1945

Erinnern wir uns: Der 2. Weltkrieg begann am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen. Polen war rasch besiegt und das Deutsche Reich begann sofort mit dem Aufbau einer deutschen Verwaltung in Polen. Die deutschen Arbeitsämter hatten dabei eine wichtige Aufgabe: Sie sollten polnische Arbeitskräfte als Ersatz für die zur Wehrmacht eingezogenen Männer bereitstellen. Die Arbeitsämter arbeiteten hier eng mit der Wehrmacht zusammen. Schon im Oktober 1939 bekam die Stadt Beckum die ersten polnischen Kriegsgefangenen für die Zementindustrie. Daneben versuchten die Arbeitsämter, zivile Arbeiter mit Versprechen von guter Arbeit und gutem Lohn nach Deutschland zu locken. Als das nicht fruchtete, wurden den polnischen Gemeinden Gestellungskontingente auferlegt. Und ab Frühjahr 1940 bis zum Ende des Krieges kam es zu Zwangsrekrutierungen und zu Razzien durch die deutsche Polizei und die SS, da die Kontingentierung nicht erreicht wurde.

Nach dem Überfall auf Frankreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg kam es  ab 1940, ab Sommer 1941 auch aus Rußland  zu einem Einsatz von Menschen aus diesen Ländern als Zwangsarbeiter, sowohl als Kriegsgefangene wie auch als Zivilarbeiter. Bis Ende des 2. Weltkrieges wurden mehr als 1.000 zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gegen ihren Willen nach Beckum gebracht, verschleppt und hier ausgebeutet:

  • 859 zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sind belegt durch die Melderegister beim Kreisarchiv Warendorf, meist mit Geburtsdatum, Geburtsort sowie Angabe des Betriebes in Beckum, in dem sie arbeiten mussten und den Ort der Unterbringung.

Weitere Angaben über Zwangsarbeiter habe ich vom Arolsen-Archiv, dem internationalen Zentrum über die NS-Verfolgung:

  • 184 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus  Listen der AOK, denn die zivilen Zwangsarbeiter mussten auch gegen Krankheit und Unfall versichert sein. Die tatsächliche Zahl dürfte um einige hundert höher sein, denn viele Zwangsarbeiter wurden der AOK nicht gemeldet.

Das sind insgesamt 1.043 zivile Zwangsarbeiter, davon 246 Franzosen, 199 Russen, 179 Polen, 145 Holländer, 126 Ukrainer  und 91 Italiener.

  • Dazu kommen 945 Meldungen des Arbeitsamtes Ahlen über kriegsgefangene Zwangsarbeiter, die meisten ohne Namensangabe, aber mit Angabe der jeweiligen Lager.
  • Ferner Listen der beiden Krankenhäuser in Beckum und Neubeckum über ausländische Personen, meistens mit Namen und Geburtsdatum, Verweildauer und Art der Krankheit:

332 Personen, zusätzlich 11 Geburten im Elisabeth-Krankenhaus und  

82 Personen plus 2 Geburten im Josefskrankenhaus Neubeckum,

 

  • Dazu kommen weitere Listen aus dem Arolsen-Archiv über Zwangsarbeiter im Polizeigefängnis und Gerichtsgefängnis Beckum:

310 im Polizeigefängnis, davon 233 Russen,

113 im Gerichtsgefängnis und 21 Verurteilungen durch das Amtsgericht.

Das heißt, bis Ende des Krieges sind in Beckum mindestens  2.000 Zwangsarbeiter, zivile und kriegsgefangene, belegt. Die Zahlen aus den Krankenhäusern und Gefängnissen (871) nicht mitgerechnet, da die meisten nicht  zugeordnet werden konnten.

In den Protokollen der Polizeidienststelle finden sich ca. 200 Eintragungen zu Zwangsarbeitern. Hier sind u.a. Festnahmen von Zwangsarbeitern durch Polizei oder Wehrmacht  aufgeführt. Häufig handelt es sich dabei um die Festnahme insbesondere polnischer, ukrainischer oder russischer Zwangsarbeiter außerhalb der Arbeitsstellen in den Bauerschaften oder um Verweigerung der Arbeit.  Protokolliert sind auch Fluchten; ob sie gelungen sind, lässt sich den Protokollen nicht entnehmen. In den Protokollen werden fast immer die Namen der Zwangsarbeiter genannt, eine Übereinstimmung mit Namen aus dem Kreisarchiv ist wegen der unklaren Schreibweise aber  selten gelungen. Insbesondere bei den Russen ist oft vermerkt „Abgabe an die Gestapo Münster“.

Die in der Landwirtschaft arbeitenden zivilen Zwangsarbeiter wohnten teilweise  auf den Bauernhöfen, teilweise aber auch in speziellen Lagern in den Bauerschaften. Für die in der Industrie arbeitenden waren meistens besondere Lager, wie hier im Bild, z.B. bei den Zementwerken errichtet worden. Aber auch über die gesamte Stadt verteilt wohnten Zwangsarbeiter, die in Geschäften und Haushalten arbeiten mussten. Allein in Beckum waren Zwangsarbeiter in mindestens 156 Betrieben und Haushalten   eingesetzt, in Neubeckum in 35 und in Vellern in 24 Betrieben und Haushalten.

Aus den Sammellagern wurden die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter dann jeden Morgen durch die Stadt zu ihren Arbeitsstellen geführt.

Sprecherin

Als Kind ging Gertud L. in die Elisabethschule, die früher am Standort der heutigen Bücherei stand. Auf ihrem Weg zur Schule sah sie morgens häufig eine Gruppe Zwangsarbeiterinnen auf der Nordstraße, die, von Soldaten mit aufgepflanzten Seitengewehren begleitet, an ihre Einsatzorte zur Arbeit gebracht wurden. “Einmal sah ich eine Frau, die bettelte um mein Butterbrot. Ich gab der Frau mein Brot, aber der Soldat, der die Szene beobachtet hatte, entriss es ihr, warf es auf die Straße und zertrat es.“

Die größten Lager für Kriegsgefangene waren bei den Zementwerken Bomke u. Bleckmann und Phönix. Hermann Helming erinnert sich in seiner Autobiographie an einen tragischen Vorfall beim Zementwerk Bomke u. Bleckmann (heute Holcim).

Sprecher

„mein Vater wurde zur Zementfabrik Bomke u. Bleckmann gerufen (der Vater war Arzt am Beckumer Krankenhaus). Dort waren etwa zwanzig russische Kriegsgefangene angekommen zur Arbeit. Die Frau, die sie zu versorgen hatte, sah die verhungernden Gestalten und kochte ihnen eine kräftige münsterländische Kartoffelsuppe mit viel Speck – zwölf starben –mein Vater konnte nicht helfen – nur die Frau für die Zukunft aufklären“.

Es ist nicht bekannt, wo diese 12 Kriegsgefangenen beerdigt sind. Im Sterbebuch der Stadt Beckum sind sie nicht aufgeführt. In Neubeckum war besonders das Lager Lourenkamp berüchtigt, das nördlich der Bahn nahe  der Eisenbahngeleise gelegen war. Die Aufgabe der Lourenkamp-Arbeiter war die sofortige Reparatur der Bahnanlagen und Wiederinbetriebnahme nach Zerstörungen durch Fliegerangriffe. Von den russischen Arbeitern wird berichtet, dass sie die zerstörten Geleise „unter strengster Aufsicht und andauernder Prügel mit Reitpeitschen zu reparieren“hatten. Der damalige deutsche Rottenführer, so haben Zeitzeugen berichtet, wurde dann auch nach der Befreiung durch die Zwangsarbeiter erschlagen.

Bestürzend sind die Daten aus den „Lagerbüchern“ des „Entbindungs-und Abtreibungslagers Waltrop-Holthausen“, in dem auch Zwangsarbeiterinnen aus Beckum und Neubeckum entbinden oder abtreiben lassen mussten. Diese Lager, wie auch in Waltrop-Holthausen[1] wurden in ganz Deutschland  auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes, also des SS-Führers Himmlers als zentrale Aufnahmestelle für Schwangere, hier für ganz Westfalen eingerichtet. Bei einem  „positiven Ergebnis der rassischen Untersuchung“ sollten die „förderungswürdigen“ Kinder in Heime der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt NSV oder in Familienpflegestellen kommen. In negativen Fällen sollten die Kinder in eine Kinderpflegestätte für ausländische Arbeiterinnen kommen. Die Bedingungen für diese  Kinder waren so, dass ein großer Teil der Säuglinge vor Vollendung des ersten Lebensjahres starb. Über die Frauen wurde ein Lagerbuch geführt, über Ankunft und Weggang und über die Geburten. In den Lagerbüchern sind  fünfzehn Zwangsarbeiterinnen, die von Beckum oder Neubeckum kamen bzw. dorthin zurückgingen, genannt. Hiervon haben sechs Frauen ein Kind geboren. Über die anderen Frauen wird nur Ankunft und Weggang verzeichnet.

Bei den 15 Zwangsarbeiterinnen, die von Beckum nach Waltrop geschickt wurden, fehlt der Name Alexandra Klimkiewicz, Landarbeiterin auf einem Hof in Beckum in der Bauerschaft Dalmer.  Die Lagerbücher enden nämlich Mitte Februar 1945. Alexandra Klimkiewicz hat in diesem Lager in Waltrop am 18.3.1945 die Zwillinge Maria und Josef geboren. Maria ist am 8. April, Josef am 9. April 1945 im Vinzenshaus in Beckum, Südstraße 13, verstorben. Beide Zwillinge wurden in einem Grab auf dem katholischen Friedhof in Beckum beerdigt. Der Grabstein hat allerdings eine falsche Inschrift: Das Sterbedatum 19.3.1945 ist falsch und es sind polnische Kinder, da die Mutter laut Geburtsurkunde der Kinder Polin ist.

Auf dem Elisabethfriedhof sind etwa 35 Zwangsarbeiter beerdigt, die meisten Russen und Polen und ein Belgier und ein Grieche. Die Anzahl war ursprünglich höher; insbesondere die westlichen Länder haben ihre Toten nach Hause geholt. Auf dem kath. Friedhof in Neubeckum sind 2 Russen beerdigt.

Nach dem Einmarsch der Amerikaner in der Nacht zum 1.4.1945 (Ostersonntag) war der Krieg für die Beckumer, Neubeckumer und Vellerner Bevölkerung zu Ende. Die alliierte Besatzung  ging sofort daran, die Fremdarbeiter möglichst schnell abzuschieben.

Zuerst und sofort wurde Wohnraum für die alliierten Soldaten und befreiten Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeiter benötigt. Dafür wurden[2] am 10. April 485 Wohnungen, insbesondere nördlich der WLE, von den Alliierten beschlagnahmt.

Die befreiten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen versuchten teilweise mit Gewalt, sich Nahrung und Kleidung zu verschaffen, teils sich auch an den ehemaligen Herren zu rächen. Mancher Bauernhof ging in Flammen auf.

Dies sind die Erinnerungen, die sich dann zum Thema Zwangsarbeit verfestigt haben.

Danach passierte viele Jahre nichts. Eine Befassung erfolgte in Deutschland erst um das Jahr 2000, als die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter politisch beschlossen wurde.

Im Jahr 2000 hatte der Deutsche Bundestag beschlossen, auch den ehemaligen sowjetischen Zwangsarbeitern eine „Anerkennungsleistung“ zu gewähren. Man ging davon aus, dass zu dieser Zeit nur noch etwa 4000 ehemalige Zwangsarbeiter, bezogen auf ganz Deutschland lebten. Die Überlebenden der Zwangsarbeit mussten ihren Anspruch auf Entschädigung glaubhaft machen durch Angaben über ihre Tätigkeit. Das war nicht immer möglich, denn in den Ausländerregistern der Gemeinden fehlten viele Namen. Ein Beispiel für die Schwierigkeiten, mit denen Antragsteller zu kämpfen hatten, ist der  Schriftwechsel der Zwangsarbeiterin Anna Ewsenko aus der Ukraine. Nach einer offensichtlichen Ablehnung durch die Verwaltung in Beckum schreibt Anna Ewsenko noch einmal, nennt noch einmal ihre Arbeitsdaten:

Sprecherin

„Ich war gewaltsam nach Deutschland verschleppt und jetzt muss ich es demütig beweisen.“

Anna Ewsenko wurde in der  Zwangsarbeiterkartei der Stadt Beckum genannt, evtl. war ihr Name dort nicht korrekt geschrieben. Letztlich führten die Angaben doch wohl dazu, dass ihr geglaubt wurde und sie die erbetene Bestätigung durch die Stadt erhielt. Ob sie eine Entschädigung erhalten hat, ist nicht bekannt.

In meiner Arbeit habe ich sämtliche Namen der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, soweit ich sie gefunden habe, aufgeführt. Es war mir wichtig, diese Namen, die bisher anonym waren, wenigstens einmal zu nennen.

Ich würde mir wünschen, dass durch diesen Vortrag und die Veröffentlichung der Arbeit vielleicht doch noch Informationen über Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Beckum bekannt werden. Wir würden uns freuen, wenn Sie dann Kontakt mit uns aufnehmen würden. Und vielleicht werden ja auch die Firmen, die damals Zwangsarbeiter beschäftigt hatten, und die wir angeschrieben haben, auch noch antworten.

 

[1] http://www.westfaelische-geschichte.de/chr849.

² Heimat- und Geschichtsverein Beckum, Beckumer Geschichten, Als Beckum 485 Wohnungen räumen musste.



[1] http://www.westfaelische-geschichte.de/chr849

[2] Heimat- und Geschichtsverein Beckum, Beckumer Geschichten, Als Beckum 485 Wohnungen räumen musste

08.09.2022 - Newsletter 5

Altes & Neues

Am 8. September 2022 fand die diesjährige Mitgliederversammlung des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum e.V. statt. Der Einladung des Vorsitzenden Stefan Wittenbrink waren etwa 35 Mitglieder gefolgt. Vor der eigentlichen Sitzung fand ein Gedenken an im letzten Jahr verstorbene Mitglieder des Vereins statt. Es folgte ein Rückblick auf das vergangene Jahr:

  • 2021 fanden 2 Vorstandssitzungen statt.
  • Im August 2021 wurde in kleinem Rahmen die 100 - Jahrfeier begangen.
  • Es erschien eine Festschrift zur 100 - Jahrfeier.
  • Ingo Löppenberg hielt einen Vortrag über die Anfänge des Nationalsozialismus in Beckum.
  • Der traditionelle Nikolausumzug fand 2021 wegen der Corona-Situation nicht statt, die schon gekauften 700 Nikoläuse wurden in den Kindergärten verteilt.
  • Der Heimat- und Geschichtsverein Beckum hat zurzeit 218 Mitglieder.
  • Im laufenden Jahr 2022 fanden 2 Vorstandssitzungen statt, es gab 3 Veranstaltungen:
    • Matthias Löb: Was hält die Gesellschaft zusammen?
    • Renate Feichtinger: Begegnung in Blumenthal
    • Ingo Löppenberg: Nationalsozialismus in Beckum
  • Die Geschichtswerkstatt setzte ihre Forschungen zur NS-Geschichte Beckums fort:
    • Stefan Wittenbrink flog im Rahmen der Erforschung der jüdischen Geschichte Beckums nach New York und Richmond und führte Interviews mit Nachkommen der Familie Heine, einer ehemaligen jüdischen Kaufmannsfamilie aus Beckum und mit Inge Windmüller, einer Zeitzeugin der NS-Zeit aus Beckum. Über diese Reise wurden Filme gedreht, die in nächster Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
    • Reinhold Sudbrock hat eine umfangreiche Arbeit über Zwangsarbeiter in Beckum geschrieben. Hierin sind die Namen aller hier gelebten Zwangsarbeiter aufgeführt und auch die Arbeitsstellen, an denen sie eingesetzt waren. Die Arbeit wird als Buch erscheinen.
  • Ein weiteres Buch wird noch in diesem Jahr erscheinen. Es handelt sich dabei um Feldpostbriefe von zwei Beckumer Soldaten, der Brüder Stephan und Robert Topp, an ihre Familie. Es gibt einen Einblick in das Leben an der Front, aber auch über das Alltagsleben in Beckum wieder. Die Briefe wurden von 24 Personen aus Beckum und Umgebung aus der Sütterlinschrift in die normale Ausgangsschrift übertragen. Das Buch enthält einen Anhang, in dem sämtliche Gefallenen aus Beckum, Neubeckum und Vellern benannt sind.
  • Das Projekt über die NS-Zeit in Beckum endet in diesem Jahr, die Ergebnisse der Forschungen werden am 15. November im Stadttheater Filou der Öffentlichkeit vorgestellt. Hierzu wird auch eine Website geöffnet, die dann für jedermann zugänglich ist.
  • Der HGV hat in diesem Jahr einige interessante Neuzugänge für seine Sammlungsbestände bekommen, z.B.  einen Holzlöffel aus dem 18. Jahrhundert, einen Eichenschrank, ein mehrbändiges Lexikon aus dem 18.Jahrhundert und einen hölzernen Christuskorpus vom Hof Lönne.
  • Im Laufe des Jahres wurde auch die Hugo - Krick - Bank restauriert und wieder auf ihren alten Platz gegenüber dem jüdischen Mahnmal gestellt.
  • Im Rahmen des NS-Projektes stellte sich heraus, dass die 32 Stolpersteine, die von 2006 – 2008 zur Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger gelegt wurden, nicht ausreichen. Für weitere 16 Jüdische Menschen aus Beckum, die in den Tod geschickt wurden, sollen in den nächsten Jahren Gedenksteine gelegt werden.
  • Der Wehrturm wurde in diesem Jahr von Eva Hübscher und Hendrik Hagedorn betreut.
  • Die Besucherzahl im Zementmuseum steigt wieder, allerdings zeichnen sich finanzielle Schwierigkeiten im Energiebereich ab. Die Halogenlampen sollen durch LED-Lampen ersetzt werden, die Trocknungskosten steigen. Da das Martinshaus verkauft worden ist, steht momentan keine Toilette zur Verfügung.
  • Die Mineralienfreunde haben zurzeit 17 Mitglieder. Sie treffen sich jeden 1. Mittwoch bei Samson, hören Vorträge, schauen Filme, planen Ausflüge.
  • Es folgte der Kassenbericht durch Hendrik Hagedorn, der Vorstand wurde entlastet.
  • Stefan Wittenbrink wurde einstimmig als Vorsitzender wiedergewählt.
  • Als Beisitzer wurden Jörg Wunschhofer und Ulrich Lutterbeck wiedergewählt
  • Manfred Becke wurde zum Kassierer gewählt, Kassenprüfer wurden Bernd Hagedorn und Birgit Harrendorf-Vorländer.
  • In diesem Jahr wird es noch 3 weitere Veranstaltungen im Dormitorium geben:

Am 29.09.22   Geschichten aus dem Kloster Blumenthal mit  Jörg Wunschhofer,
am 19.10.22   Lebenswege auf dem Galgendreisch und
am 10.11.22   Judenhass und Judenverfolgung mit   Stefan Wittenbrink und Ingo Löppenberg 

 Am Ende Sitzung sprach der Vorsitzende Stefan Wittenbrink noch das Thema „Pflasterung des Kirchhofes der Stephanuskirche“ an. 2019 gab es einen Beschluss der Mitgliederversammlung, sich unbedingt für die Erhaltung des Kirchplatzes einzusetzen und eine Pflasterung in dem von der Stadt und der Kirche geplanten Umfang zu verhindern. Inzwischen gab es in der „Glocke“ viele kritische Stimmen zur Umgestaltung des Kirchplatzes. Hingewiesen wurde auf die Einmaligkeit des über tausend Jahre alten karolingischen Friedhofs rund um die Kirche, aber auch auf die Veränderung des Klimas in den letzten Jahren, was eine Versiegelung einer intakten Grünfläche geradezu verbietet. Es gab viele Fragen aus der Mitgliederversammlung an den anwesenden Probst, der aber mit seinen Antworten nicht überzeugen konnte. Man war insgesamt der Meinung, dass es noch nicht zu spät sei, den vorgesehenen Plan fallen zu lassen und den Kirchplatz als grüne Insel in der Stadt zu erhalten.

03.08.2022 - Newsletter 4

Vom Modellbauer zum Lastenflieger - 3.8.2022

Reinhold Kienzle wurde 1926 in Beckum geboren und kam 1932 in die Elisabethschule. Nach dem 8. Schuljahr bekam er eine Lehrstelle in der Schlosserei Beumer. Während seiner Schul- und Lehrzeit hatte er ein schönes Hobby, er war Mitglied der Segelflieger HJ und baute mit seinen Freunden Modellsegelflugzeuge im Keller des evangelischen Gemeindehauses. Das hat ihm immer sehr viel Freude gemacht, auch wenn die Modellsegelflieger bei den Mitgliedern der Motor HJ nicht sehr angesehen waren. Während seiner Lehrzeit machte er auf den Flugplätzen Borkenberge, Lippstadt und Schueren die Segelfliegerscheine A, B und C.

Nach seiner Gesellenprüfung im Januar 1943 wurde Reinhold Kienzle noch am selben Tag zusammen mit mehreren Beckumern zum Reichsarbeitsdienst auf einen Flugplatz hinter Osnabrück eingezogen. Nach 3 Monaten wurde er in verschiedene Einsatzorte nach Holland, Belgien und Frankreich geschickt. Da er 3 Flugscheine hatte, kam er schließlich nach Nimes, wo er eine Ausbildung zum Lastenseglerpilot machte.

Lastensegler waren damals sehr gefragt, denn sie flogen geräuschlos und tief, so dass sie vom feindlichen Radar nicht erfasst werden konnten. Sie wurden zunächst zu Versorgungszwecken der eigenen Truppen eingesetzt, später wurden auch Fallschirmjäger transportiert. Bis zu 17 Fallschirmspringer konnte Reinhold Kienzle mitnehmen, die dann im Morgengrauen in voller Montur hinter den feindlichen Linien abspringen konnten. Als Pilot musste er dann allerdings zusehen, dass er heile auf einem sicheren Platz landen konnte.

Reinhold Kienzle hatte seine ersten Einsätze im Mittelmeerraum. Gegen Ende des Krieges wurde der Flugplatz von gegnerischen Jagdbombern angegriffen. Splitterbomben und Brisanzbomben zerstörten 18 Ju 80 und Ju 108, die man zum Aufziehen der Lastensegler brauchte, die restlichen auf dem Flugplatz stehenden Flugzeuge und Segler wurden danach durch deutsche Pioniere zerstört. Das Fliegerregiment 63, dem Reinhold Kienzle als Lastensegler angehörte, wurde aufgelöst.

Reinhold Kienzle erinnert sich an viele weitere Begebenheiten aus der Kriegszeit. Nachzulesen sind seine Erinnerungen auf der neuen Website der Geschichtswerkstatt Beckum, die im Herbst 2022 geöffnet wird.

Lastensegler

Nach dem ersten Weltkrieg war der Motorflug in Deutschland von den Siegermächten verboten worden. Da der Segelflug aber erlaubt war, entwickelten deutsche Ingenieure einen Flieger aus Stahlrohr, Holz und Stoff, der ursprünglich Post befördern sollte. Das Deutsche Forschungsinstitut für Segelflug (DFS) in Darmstadt-Griesheim baute diese Prototypen weiter aus und das Militär im zweiten Weltkrieg nutzte letztendlich diese Lastensegler für militärischen Lufttransport, vor allem für den Einsatz von Fallschirmjägern.

Die ersten Lastensegler konnten bis zu 1257 kg Zuladung tragen, die Fluggeschwindigkeit betrug 250 – 360 km/h. Die Segler wurden von Junkers und Messerschmidt Schleppflugzeugen an 40m langen Stahlseilen hochgezogen. Lautlos konnten sie nach Ablösung über Feindesland gleiten und Versorgungspakete für die eigenen Truppen abwerfen oder sie setzten Fallschirmjäger ab, die ausgerüstet mit Gewehren sofort kampfbereit waren.

Zum ersten Mal wurden Lastensegler am 10. Mai 1940 bei der Eroberung der belgischen Festung Eben Emael eingesetzt. Für die Flugzeugführer von Lastenseglern bestand jeder Zeit die Gefahr, keine passende Landefläche zu finden, schwere Unfälle und Tod waren keine Seltenheit.

Amerika, Großbritannien und die Sowjetunion hatten während des Krieges ebenfalls unterschiedliche Typen von Lastenseglern entwickelt, die aber nach dem Krieg an Bedeutung verloren. Einige Segler waren so groß und schwer gebaut worden, dass sie mit 3 Schleppflugzeugen hochgezogen werden mussten. Lastensegler wurden von deutscher Seite nach dem 2. Krieg nicht mehr genutzt, sie wurden durch Hubschrauber ersetzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/lastensegler

https://www.ju52-halle.de/de/exponate/lastensegler-dfs-230

 

01.03.2022 - Newsletter 3

Mühlenrunde der Höxbergmühle bereitet sich auf die neue Saison vor – erste Trauung am 22.2.22 (22.02.2022)

Ein vorgezogener Frühjahrsputz in der Höxbergmühle stand für die vier ehrenamtlichen Mühlenfreunde in der vorletzten Woche auf dem Programm.

Die Hochzeitssaison beginnt in diesem Jahr wegen des besonderen Datums 22.2.22 schon Ende Februar. Im vergangenen Jahr freuten sich die Aktiven über 52 Paare, die sich in der Mühle das Ja-Wort gaben. Die Nutzungsentgelte werden vom Standesamt mit den Gebühren erhoben und an das Mühlenteam weitergeleitet. So kamen durch den Einsatz bei den Trauungen mehr als 4.000 € unmittelbar dem Erhalt der Höxbergmühle zugute.

Für das Jahr 2022 erhoffen sich die Mitglieder der Mühlenrunde, die zum Heimat- und Geschichtsverein Beckum e.V. und zur Bruderschaft der Beckumer Bauknechte gehören, weiterhin viele Paare, die die Mühle als Ort ihrer Trauung wählen. Ein besonderes Ereignis ist in diesem Jahr auch das für den 6. Juni (Pfingstmontag) geplante Mühlenfest, das im Rahmen des Deutschen Mühlentages stattfinden soll, sofern die Corona-Bestimmungen es zulassen.

 

Das Mühlenteam von links nach rechts: Josef Silberberg, Hubertus Lütke, Holger, Osteroth und Clemens Cappenberg

 

„Die Welt ist groß und doch so klein“

So lautete die Überschrift eines Artikels, der am 12. August 1942 in der Glocke erschien.

„Die Wahrheit dieses Satzes konnte dieser Tage ein Bauer aus dem Kirchspiel Beckum erfahren. Er beschäftigt auf seinem Hofe einen Ukrainer. Mehrere Söhne dieses Bauern stehen als Soldaten in der Ukraine. Das Schicksal wollte es nun, dass einem dieser Soldaten eine Unterkunft zugewiesen wurde, die sich im Hause des bei seinem Vater beschäftigten Ukrainers befindet, wo er dessen Frau wohlbehalten antraf.“

Ein Artikel, der uns heute zum Nachdenken anregt. Konnte der Zwangsarbeiter nach dem Krieg wieder zu seiner Frau in die Ukraine zurückkehren? Hat der deutsche Soldat den Krieg überlebt, kam er nach dem verlorenen Krieg in Gefangenschaft oder konnte er wieder auf dem Hof seines Vaters arbeiten? Wir kennen das Schicksal dieser beiden jungen Männer nicht, aber sicher wäre es besser gewesen, jeder hätte auf seinem eigenen Hof arbeiten können.

In Beckum lebten während des Krieges etwa 1900 zivile Arbeiter und kriegsgefangene Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Sie kamen vornehmlich aus Polen, Russland, der Ukraine, aber auch aus Belgien, Frankreich und Holland. Eingesetzt wurden sie insbesondere in der Zementindustrie, im Maschinenbau, bei der Deutschen Reichsbahn und in der Landwirtschaft. Auch in einzelnen Haushalten und Geschäften der Beckumer Bürger mussten diese Menschen Dienste verrichten.

Die meisten Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen waren in etwa 30 Lagern untergebracht, die über das Stadtgebiet verstreut errichtet worden waren. Einzelne Zwangsarbeiter konnten auch in den landwirtschaftlichen Betrieben und Höfen wohnen, wo sie aber strengen Regelungen folgen mussten. So durften sie z. B. keine gemeinsamen Mahlzeiten mit der Bauernfamilie einnehmen, es galt eine Ausgangssperre ab der Dunkelheit, der Besitz von Geld, Wertgegenständen und Fahrrädern war verboten, öffentliche Verkehrsmittel durften nicht benutzt werden, usw.

Nicht alle Bauern haben sich an diese Regelungen gehalten und in einigen Familien sind sicher noch Geschichten über diese zwangsverpflichteten Helfer vorhanden, vielleicht in alten Briefen oder Tagebüchern, die noch in den Schränken schlummern. Die Geschichtswerkstatt des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum ist interessiert an den Geschichten dieser Menschen, die wir nicht vergessen wollen. Falls Sie Ihre Erlebnisse erzählen möchten, wenden Sie sich bitte an:

Maria Sudbrock, E -Mail: maria.sudbrock@gmx.de oder Telefon: 02521/12194.

Vielleicht lässt sich auch der Hof noch finden, auf dem der ukrainische Sohn hier im Kirchspiel Beckum gearbeitet hat. Ja, vielleicht können wir noch etwas über das Schicksal der beiden jungen Männer erfahren.

 

„Baum des Jahres“

Anbei ein Foto mit dem Ergebnis der diesjährigen Pflanzaktion. Zusammen mit den Landfrauen Beckum wurden am letzten Freitag drei Rotbuchen - der Baum des Jahres 2022 – südlich des Hofes Tüttinghoff an der Werse gepflanzt.

04.02.2022 - Newletter 2

100 Jahre – 100 Flatterulmen  

 

 

Interview mit Gerd Sprenker

 

Die Flatterulme ist 2019 von der Stiftung Baum zum Baum des Jahres ernannt worden. Die Flatterulme war auch der auserwählte Baum zum 100-jährigen Jubiläum des Heimatvereins Beckum. Der stellvertretende Vorsitzende Gerd Sprenker bestellte 100 Flatterulmen, die am 18. Januar 2020 im Stadtbusch und in einer Werseaue gepflanzt wurden. An der Aktion beteiligten sich 25 freiwillige Helfer – Männer, Frauen und Kinder, jüngere und ältere Menschen – ausgerüstet mit Spaten, Stiefeln, Handschuhen und guter Laune. Gerd Sprenker hatte schon einige Vorarbeiten geleistet und erklärte, dass die „Heister“, wie er die jungen etwa 1.70 m – 2.00 m hohen Bäumchen nannte, möglichst kreisförmig in Gruppen gesetzt werden sollten. Als die Heister dann im Boden steckten, wurden sie noch mit einem grünen Spiralband umwickelt, als Schutz vor Wildfraß.

 

Herr Sprenker, warum haben Sie die Flatterulme für die Pflanzaktion ausgewählt?

 

„Die Flatterulme ist ein Tiefwurzler und kann auch im trockenen Sommer noch ausreichend Feuchtigkeit aus dem Boden holen. Sie fühlt sich besonders wohl an Ufern von Gewässern oder in Auenwäldern, die auch schon mal überflutet werden können. Die Flatterulme wächst rasch und kann innerhalb von 50 Jahren bis zu 40 m hoch werden. Vom Ulmensterben durch den Ulmensplintkäfer ist der Baum kaum betroffen, da die Käfer die Rindeninhaltsstoffe eher meiden. Die Flatterulme trotzt dem Klimawandel und ist deshalb geeignet auch die nächsten hundert Jahre zu überstehen.“

 

Herr Sprenker, wie geht es den kleinen Flatterulmen, die wir vor 2 Jahren gepflanzt haben?

 

Die Heister haben sich gut entwickelt, sind alle angegangen. Bei einigen Pflanzen habe ich neue Schutzvorrichtungen angebracht, und zwar Pfähle mit Schutzgittern. Jetzt können die Rehböcke die Rinde nicht mehr abschälen und die Knospen nicht mehr verbeißen. In diesem Winter haben die Bäumchen genug Feuchtigkeit abbekommen, so dass ihnen eine eventuelle Trockenheit im Sommer nichts anhaben kann. Sie werden einen guten Schuss machen in diesem Jahr. Übrigens, auch in diesem Jahr werden wir zusammen mit den Landfrauen einen Baum pflanzen. Es wird eine Rotbuche sein, der Baum des Jahres 2022.“

 

Die Landwehr der Stadt Beckum

 

In der LWL-Reihe „Landwehren in Westfalen“ hat Cornelia Kneppe 2020 eine neue Publikation über unsere beliebte Beckumer Landwehr verfasst. „Wer in mittelalterlichen Zeiten von Süden in das Stadtgebiet von Beckum zu Fuß oder zu Pferd eindringen wollte, bekam ernste Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Landwehr den Hang aufwärts zu überwinden. Nur wenige Landwehren in Westfalen sind geeignet, die Schutzfunktion dieser einfachen Wehranlage so zu veranschaulichen wie die Beckumer.“

 

Wer die Landwehr in diesem Frühjahr besucht, kann sehen, dass viele Gräben leider weiterhin mit Baumstämmen und abgeschnittenen Ästen gefüllt sind. Bleiben sie liegen, werden sie wohl in den nächsten Jahrzehnten verrotten und dadurch die Gräben leider mit weiterem Humus auffüllen. Das Bodendenkmal ist seit Jahrhunderten erhalten und bislang gut erkennbar geblieben. Einzelne abgestorbene Bäume konnten ihm nichts anhaben, aber diese relativ große Menge von Totholz wird es wohl „zudecken“.

 

2024 will die Stadt Beckum ihr 800-jähriges Bestehen feiern. Es ist ein guter Anlass, die Landwehr zu diesem Anlass herzurichten und damit Beckumern wie auch auswärtigen Besuchern diesen historischen Schatz in gut erkennbarer Weise wieder nahezubringen zu können. Einige Informationstafeln, vom Heimat- und Geschichtsverein mitfinanziert, könnten über unsere einzigartige mittelalterliche Schutzanlage Auskunft geben.

 

Ab und an erreichen uns im Vorstand des Heimatvereins spannende Anfragen, deren Beantwortung den eigenen Wissenshorizont maßgeblich erweitern kann. So erreichte uns die Anfrage von Lydia Kaatz nach dem folgenden Gedicht mit der Bitte um Hinweise zur Interpretation.         

Das Wappen von Beckum

In Rot drei silberne schrägfließende Ströme.


Ich lag und schlief,
In bärmefeuchten Erdteig eingebacken,
So gut und tief.
Und Wurzelschnüre schmückten meinen Nacken.

Ich lag und sann.
Mir bröckelte am Mund die braune Rinde.
Es schritt ein Mann
Und zog um meinen Stein die Pfeifenwinde.

Die Winde hier,
Ich sah sie dort in zugeklebten Lidern.
Sie rief nach mir
Mit leisem Blatt: ich konnte nichts erwidern.

Ich lag im Brot,
Und die es nährte, kamen, mich zu essen;
Denn ich war tot.
Das fiel mir ein; ich hatt' es längst vergessen.

Mein Augenpaar:
Gleich mürben, abgebrannten Kerzenstümpfen.
Mein weiches Haar:
Gemeng von Schlamm und Pflanzenwust in Sümpfen.

Der Sprache Licht:
Die Wühlmaus trägt ihr Nest in meine Kehle.
Ich stör' sie nicht. -
Ein weißer Strom gleißt auf von meiner Seele.

Er stürzt und eilt,
Des Grabes grüne Blume zu begießen
Und dreigeteilt
In große rote Reiche einzufließen.

Der Dreistrom sinkt.
Ich sickre flach und flüstre, da ich schwinde.
Mein Letztes trinkt
Ein Amselweibchen und die Pfeifenwinde.

 

            Eine Internetrecherche brachte nach und nach folgendes ans Licht. Das Gedicht wurde von der jüdischen Lyrikerin Gertrud Kolmar (Pseudonym für Gertrud Käthe Chodziesner (geboren 1894 in Berlin – gestorben 1943 in Auschwitz) im Winter 1927-1928 verfasst. Als Inspiration diente ihr wahrscheinlich dazu das Bilderalbum „Die preußischen Wappen“, welches von der Firma Kaffee-HAG herausgegeben worden war. In diesem Sammelalbum konnte man die auf den Packungen des Kaffees zu findenden preußischen Wappen sammeln und einkleben. Ihr Bruder Georg hatte eifrig die Wappen gesammelt. Für die preußische Provinz Westfalen gibt es noch Gedichte zu Ahlen und Bocholt. Die Gedichte über die preußischen Wappen erschienen 1934 im Band „Preußische Wappen“ im Rabenverlag. Der Rabenverlag wurde daraufhin auf die Liste unerwünschter Verlage des Deutschen Buchhandels gesetzt und boykottiert. Gertrud Kolmar durfte ab 1936 nur noch unter ihren wahren Nachnamen veröffentlichen. Ihr nächster Band wurde 1938 nach der Reichspogromnacht „verramscht“. Gertrud Kolmar wurde, nachdem sie Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie leisten musste, 1943 in Auschwitz ermordet. Sie zählt trotz ihrer wenigen Veröffentlichungen zu ihren Lebzeiten zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts.

            Das Gedicht selbst besitzt inhaltlich wahrscheinlich keinen Bezug zu Beckum als Stadt. Dies verwundert nicht, war doch um 1927/1928 die ausführlichste Informationsquelle die 1924 zum 700-jährigen Stadtjubiläum vom Heimatverein erstellte Festschrift. Über deren Verbreitungsgrad drei Jahre nach dem Erscheinen kann nur gemutmaßt werden.

    Ingo Löppenberg

Weitere Informationen unter :

https://de.wikipedia.org/wiki/Gertrud_Kolmar

raldica.de/kaffee-hag-sammelalben-staedte-und-staatsheraldik/

20.01.2022 - Newsletter 1

Projekt: Feldpostbriefe

 

Im Jahr 2021 haben sich 26 Kenner der Sütterlinschrift aus Beckum und Umgebung daran gemacht, 192 Feldpostbriefe, die dem Heimatverein von der Familie Topp anvertraut wurden, in die lateinische Ausgangsschrift zu übertragen. Die Schreiber haben die Arbeit mit großem Fleiß und Einfühlungsvermögen gemeistert, das Interesse an dem Schicksal der Soldaten aus Beckum war groß. Der Heimat- und Geschichtsverein Beckum wird die übertragenen Feldpostbriefe in diesem Jahr in einem Buch veröffentlichen. In einem Anhang sollen die Namen aller aus Beckum stammenden gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs verzeichnet sein. Sollte jemand noch Totenzettel gefallener Soldaten haben, so wären wir dankbar für eine Kopie.

Neue Betreuung für den Wehrturm

Nach 20 Jahren verantwortlicher Arbeit gibt unser Ehrenvorsitzender Franz-Josef Laukemper die Betreuung des Wehrturmes ab. Eva Hübscher, die Geschäftsführerin des Heimat- und Geschichtsvereins Beckum, wird von nun an die Ansprechpartnerin für dieses bedeutende Denkmal sein. Wer den sehr sehenswerten Turm einmal besichtigen möchte, kann sich ab sofort an Frau Hübscher wenden. Sie ist zugleich Gästeführerin der Stadt Beckum und weiß viel Interessantes über die heimatgeschichtlichen Sammlungen im Wehrturm zu erzählen.